Was unerreichbar scheint, hat eine geheimnisvolle Kraft. Man will, dass wenigstens versucht werde, was nicht errungen werden kann. Alexander von Humboldt
Was unerreichbar scheint, hat eine geheimnisvolle Kraft. Man will, dass wenigstens versucht werde, was nicht errungen werden kann.
Alexander von Humboldt
Während seiner amerikanischen Reise trifft Alexander von Humboldt um die Weihnachtszeit des Jahres 1801, 65 km nördlich von Pasto in Kolumbien, auf die Sonnenstrasse der Inka. Am Schnittpunkt der heutigen Panamericana mit dem Rio Mayo führt er barometrische Messungen durch, etwa in dem Gebiet, wo der Sage nach, der Inkafürst Huayna Capac 1527 goldene Stäbe ins Flussufer getrieben hatte, um die Nordgrenze seines Reiches zu markieren. Zunächst ohne es zu wissen, reiste Humboldt von da an entlang dieser alten Höhenstrasse der Inka, die auch La ruta del sol – Der Weg der Sonne genannt wird. Ein Jahr später, im Dezember 1802 trifft er in Lima ein.
Es sind um die 2500 Kilometer, die Alexander von Humboldt innerhalb dieses Jahres zurücklegt. Es ist eine langsame Art zu reisen, immer aufmerksam, immer beobachtend. Humboldt und seine Begleiter sind noch Teil des Landes, das sie aufnimmt. Auch ist die Reise verbunden mit dem gezielten Sammeln von Informationen über die lokalen gesellschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Verhältnisse, mit Gesprächen über historische, ethnologische und soziale Fragen, weit über seine eigentlichen Untersuchungsgegenstände hinaus.
Auf die Gesamtschau kommt es ihm an, auf die großen Zusammenhänge der Erscheinungen der Natur aber auch der menschlichen Existenz. Er verfolgt eine holistische Sicht. Gegenüber der schon beginnenden Aufsplitterung des Wissens in unendlich viele Einzeldisziplinen, ist Alexander von Humboldt vielleicht der letzte Forscher, der einen universellen Anspruch hat.
Inspiriert von der Persönlichkeit Alexander von Humboldts bin ich auf der Grundlage seiner Reisetagebücher im Jahr 2010 in sieben Monaten diesen 2500 Kilometern, in denen sich historische Wege und Kulturen überlagern, gefolgt. Meine Reise führte durch unterschiedliche Landschaften, vorbei an den Vulkanen Chimborazo und Cotopaxi, in abgelegene Gebirgsdörfer und koloniale Städte. Vor allem war es eine Reise durch die Zeiten. Oftmals glaubte ich, das zu sehen, was schon Alexander von Humboldt oder Huayna Capac sahen …
Frank Gaudlitz
Das freundliche Grün des Guyacán, die schirmkuppigen Mimosen bilden einzelne Gruppen in der Ebene. Bunt gefleckte Stiere ruhen in ihrem Schatten. Sie und die blökenden Herden fürchten hier nicht den weißstirnigen Bär der Anden. Unbekümmert sieht das Mutterschaf die Schar der Bären vorbeiwaten. Die Natur hat jedem seine Speise zugewiesen. Aloeblättrige Achupallas steigen vom schneenahen Gipfel bis in das Klima der Cinchona herab. Die jungen Blätter der Krone reizen den Bären mehr als Schafe und Rinder, und nur bei wüthigem Hunger haben diese zu fürchten. So nimmt in den Tropen alles mildere, friedlichere Form und Sitten an. Nur der Mensch allein bleibt sich überall auf dem Erdboden gleich, sein eigen Geschlecht verfolgend und hassend!
Reisetagebuch, Reise von Pasto durch die Provinz Los Pastos bis Quito, 22. Dezember 1801 – 6. Januar 1802
Die montaña de Pasto ist ein mit dichtem Wald bewachsenes Gebirge – aber die schrecklichste aller montañas. Grundloser Koth und Hohlwege, daß sich kaum der Leib des Pferdes durchdrängen kann. Dazu Bäume, welche umgestürzt den Weg versperren. In Europa räumt man den Baum aus dem Wege. Hier verändert man den Weg.
Reisetagebuch, Aufenthalt in Pasto, ca. 19. – 22. Dezember 1801
Die montaña de Pasto ist ein mit dichtem Wald bewachsenes Gebirge – aber die schrecklichste aller montañas. Grundloser Koth und Hohlwege, daß sich kaum der Leib des Pferdes durchdrängen kann. Dazu Bäume, welche umgestürzt den Weg versperren. In Europa räumt man den Baum aus dem Wege. Hier verändert man den Weg. Reisetagebuch, Aufenthalt in Pasto, ca. 19. – 22. Dezember 1801
Das freundliche Grün des Guyacán, die schirmkuppigen Mimosen bilden einzelne Gruppen in der Ebene. Bunt gefleckte Stiere ruhen in ihrem Schatten. Sie und die blökenden Herden fürchten hier nicht den weißstirnigen Bär der Anden. Unbekümmert sieht das Mutterschaf die Schar der Bären vorbeiwaten. Die Natur hat jedem seine Speise zugewiesen. Aloeblättrige Achupallas steigen vom schneenahen Gipfel bis in das Klima der Cinchona herab. Die jungen Blätter der Krone reizen den Bären mehr als Schafe und Rinder, und nur bei wüthigem Hunger haben diese zu fürchten. So nimmt in den Tropen alles mildere, friedlichere Form und Sitten an. Nur der Mensch allein bleibt sich überall auf dem Erdboden gleich, sein eigen Geschlecht verfolgend und hassend! Reisetagebuch, Reise von Pasto durch die Provinz Los Pastos bis Quito, 22. Dezember 1801 – 6. Januar 1802
Eine Papayaplantage am Rio Mayo. Hier nahm meine fotografische Hommage an Alexander von Humboldt ihren Ausgangspunkt, was ich kurz erläutern möchte:
Während seiner Amerikanischen Reise trifft Humboldt um die Weihnachtszeit des Jahres 1801, auf die Sonnenstrasse der Inka. Am Schnittpunkt der heutigen Panamericana mit dem Rio Mayo führt er barometrische Messungen durch, etwa in dem Gebiet, wo einer Legende nach, der Inkafürst Huayna Capac 1527 goldene Stäbe ins Flussufer getrieben hatte, um die Nordgrenze seines Reiches zu markieren. Zunächst ohne es zu wissen, reiste Humboldt von da an entlang dieses alten Höhenweges.
Inspiriert von der Persönlichkeit dieses deutschen Forschers aus der Zeit der Aufklärung, seiner Art und Weise, die Umwelt vielschichtig wahrzunehmen und auch die sozialen Situationen niemals auszublenden, bin ich als Fotograf in 7 Monaten diesem 2500 Kilometer langen Teilstück seiner Expedition gefolgt. Die Überlagerung der historischen Wege (Sonnenstraße der Inka / Humboldts Amerikanische Reise / Projektreise) und die Überlagerung der verschiedenen Kulturen waren gedankliche Grundlage für mein Projekt.
Goldwäscher am Rio Mayo
Remotina, Kolumbien, 2010
Auf dem Vulkankrater des Cumbals
Dieses Landschaftsfoto entstand bei der Besteigung des aktiven Vulkans Cumbal im Süden Kolumbien. Er ist mit seinen 4764 Metern Teil einer kleinen Vulkankette an der ecuadorianischen Grenze. Die dort häufig vorkommenden Pflanzen werden Schopfrosetten (Espeletia) genannt und können bis zu 8 Meter Wuchshöhe erreichen.
Auf dem Vulkan wird Schwefel abgebaut. Die Arbeiter tragen die ca. 50 Kilogramm schweren Körbe vom Gipfel mehrere hundert Höhenmeter über steinige Hänge nach unten, bis sie auf Maultiere verladen werden können. Die schwefelhaltigen Fumarolen auf dem Kraterrand machen das Atmen schwer. Es ist unvorstellbar, wie die Arbeiter bis zu 3 mal pro Tag diesen Gipfel besteigen und dort schwefelhaltiges Gestein abbauen.
Vulkan Cumbal, Kolumbien, 2010
Der Begriff des Naturganzen, das Gefühl der Einheit und des harmonischen Einklangs im Kosmos werden umso lebendiger unter den Menschen, als sich die Mittel vervielfältigen, die Gesamtheit der Naturerscheinungen zu anschaulichen Bildern zu gestalten. Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Band 2, 1847
Manchmal hat man ein Gefühl im Bauch, kurz vor einem guten Foto zu stehen. Das der Weg oftmals aber länger als erwartet ist, wurde mir beim Zustandekommen des Doppelporträts von Maria und Cesar bewusst. In der kleinen Ortschaft Chillanquer erzählte mir jemand, das etwasaußerhalb ein sehr großer Mann mit einer viel kleineren Frau wohnt. Ich folgte meinem Bauchgefühl und der Wegbeschreibung mehrere Stunden durch die Berge und fand trotz stärker werdender Zweifel das Haus dieses Ehepaars. Und da sie selten Besuch bekamen, und Cesar deutsche Vorfahren hatte, waren sie bereit, sich porträtieren zu lassen. Sein bester Kampfhahn durfte auf diesem Foto nicht fehlen.Obwohl ich weniger als eine Stunde ihr Gast war, traf ich erst nach fast sieben Stunden wieder in Chillaquer ein.Allerdings war der Rückweg begleitet vom Glücksgefühl, ein gutes Foto gemacht zu haben.
Landschaft auf dem Weg zu Maria und Cesar
Maria Arcelia Rodriguez, 76 Jahre, Cesar Efrain Calderon, 73 Jahre
Chillanquer, Kolumbien, 2010
Ursulina Delgado, 88 Jahre
Schubkarre mit Meerschweinen zum Auswählen
Juan Jose Santacruz ist ein Binnenflüchtling. Er verließ sein Dorf in der Provinz Narinho im Süden Kolumbiens, auf Grund regelmäßiger Plünderungen durch die Guerilleros der FARC, die sich in den umliegenden schwer zugänglichen Gebirgsregionen aufhielten. Da sein Heimatdorf über keine Polizeistation verfügte, waren diese nächtliche Überfälle für die Guerilla risikolos.
Meerschweine in den Hütten zu halten, ist eine alte Tradition der Hochlandindios. Da sich diese Tiere sich stark vermehren, waren und sind sie oftmals die einzige Fleischnahrung in den Anden. In den größeren Städten wird Meerschwein als Delikatesse angeboten.
Juan José Santacruz, 35 Jahre
Guachucal, Kolumbien, 2010
Alexandra Rosero, 19 Jahre, Jhon Fredy Arboleda, 12 Jahre
Consaca, Kolumbien, 2010
Maria Delicia Urbano Calderon, 50 Jahre
Sapuyes, Kolumbien, 2010
Unsere Begleiter, von Kälte erstarrt, ließen uns im Stich; nur Bonpland, Montúfar, der Barometermann und zwei Indios mit anderen Instrumenten folgten mir. Die Indios blieben bei 2600 Toisen schließlich auch zurück, trotz all unser Drohungen. Sie versicherten, vor Atemnot zu ersticken, obgleich sie uns wenige Stunden zuvor voll Mitleid betrachtet und behauptet hatten, daß die Weißen nicht einmal bis an die Schneegrenze kommen würden. Wir stiegen sehr hoch, höher als ich gehofft hatte. [...] Der Hang wurde bald sehr steil. Man mußte sich mit Händen und Füßen festhalten. Wir verletzten sie uns alle, wir bluteten alle, die Steine hatten spitze Kanten. Man wußte nicht, wo man den Fuß hinsetzten sollte, die Felsbrocken waren in einem sehr feinen Sand beweglich. [...] Auch die Atmung wurde stark beeinträchtigt, und was noch lästiger war, jeder fühlte sich schlecht, hatte das Bedürfnis, sich zu erbrechen. [...] Außerdem blutete uns das Zahnfleisch und die Lippen. Das Weiße im Auge war blutunterlaufen. [...] Wir haben niemals unser Zahnfleisch bluten sehen außer in einer Höhe von 2800 Toisen. Das ist ein wirklich skorburartiger Zustand. Wir stiegen noch eine halbe Stunde lang. Es wurde so neblig, daß wir den Gipfel nicht sahen. Die Reihen von Felsblöcken setzten sich noch immer fort. Es kam uns ein Schimmer von Hoffnung, daß wir den Gipfel erreichen könnten. Aber eine große Spalte setzte unseren Bemühungen ein Ende.
Reistagebuch, Besteigung des Chimborazo, 23. Juni 1802
Am 18 Juni gingen wir von Neu-Riobamba nach Penipe, wo uns der Pfarrer, Don Mariano Tinajero prächtig aufnahm, […]. Nichts ist in diesem Land so alltäglich, wie verheiratete katholische Pfarrer. Sein Vorgänger hatte seine Stelle verloren, weil er aus Meßgewändern Unterröcke für seine Freundin hatte machen lassen; dieser stellte uns unbefangen einen seiner Söhne vor.
Reisetagebuch, Reise von Ambato nach Riobamba, 12. – 17. Juni 1802 und Aufenthalt in Riobamba, 17. – 28. Juni 1802
Quito ist vielleicht von allen Ländern Amerikas dasjenige, wo es die meisten Naturtalente gibt. Die Einwohner haben eine gewisse Ungezwungenheit, eine Liebenswürdigkeit, eine Leichtigkeit, alles zu erlernen, die sie vorteilhaft auszeichnet. Man bewundert diese Eigenschaften besonders bei der Jugend. Ein einförmiges Leben lässt diese schönen Anlagen allmählich verkümmern und lässt die Menschen in die Mittelklasse zurücktreten. Man kennt in der Stadt nur die Kirchenfeste, die sehr häufig sind und die mehr Pulver in den Feuerwerkskörpern verbrauchen als der König von Spanien benötigen würde, um sich zum Herrscher über Brasilien zu machen.
Reisetagebuch, Schilderung der Stadt Quito
Quito ist vielleicht von allen Ländern Amerikas dasjenige, wo es die meisten Naturtalente gibt. Die Einwohner haben eine gewisse Ungezwungenheit, eine Liebenswürdigkeit, eine Leichtigkeit, alles zu erlernen, die sie vorteilhaft auszeichnet. Man bewundert diese Eigenschaften besonders bei der Jugend. Ein einförmiges Leben lässt diese schönen Anlagen allmählich verkümmern und lässt die Menschen in die Mittelklasse zurücktreten. Man kennt in der Stadt nur die Kirchenfeste, die sehr häufig sind und die mehr Pulver in den Feuerwerkskörpern verbrauchen als der König von Spanien benötigen würde, um sich zum Herrscher über Brasilien zu machen. Reisetagebuch, Schilderung der Stadt Quito
Am 18 Juni gingen wir von Neu-Riobamba nach Penipe, wo uns der Pfarrer, Don Mariano Tinajero prächtig aufnahm, […]. Nichts ist in diesem Land so alltäglich, wie verheiratete katholische Pfarrer. Sein Vorgänger hatte seine Stelle verloren, weil er aus Meßgewändern Unterröcke für seine Freundin hatte machen lassen; dieser stellte uns unbefangen einen seiner Söhne vor. Reisetagebuch, Reise von Ambato nach Riobamba, 12. – 17. Juni 1802 und Aufenthalt in Riobamba, 17. – 28. Juni 1802
Unsere Begleiter, von Kälte erstarrt, ließen uns im Stich; nur Bonpland, Montúfar, der Barometermann und zwei Indios mit anderen Instrumenten folgten mir. Die Indios blieben bei 2600 Toisen schließlich auch zurück, trotz all unser Drohungen. Sie versicherten, vor Atemnot zu ersticken, obgleich sie uns wenige Stunden zuvor voll Mitleid betrachtet und behauptet hatten, daß die Weißen nicht einmal bis an die Schneegrenze kommen würden. Wir stiegen sehr hoch, höher als ich gehofft hatte. [...] Der Hang wurde bald sehr steil. Man mußte sich mit Händen und Füßen festhalten. Wir verletzten sie uns alle, wir bluteten alle, die Steine hatten spitze Kanten. Man wußte nicht, wo man den Fuß hinsetzten sollte, die Felsbrocken waren in einem sehr feinen Sand beweglich. [...] Auch die Atmung wurde stark beeinträchtigt, und was noch lästiger war, jeder fühlte sich schlecht, hatte das Bedürfnis, sich zu erbrechen. [...] Außerdem blutete uns das Zahnfleisch und die Lippen. Das Weiße im Auge war blutunterlaufen. [...] Wir haben niemals unser Zahnfleisch bluten sehen außer in einer Höhe von 2800 Toisen. Das ist ein wirklich skorburartiger Zustand. Wir stiegen noch eine halbe Stunde lang. Es wurde so neblig, daß wir den Gipfel nicht sahen. Die Reihen von Felsblöcken setzten sich noch immer fort. Es kam uns ein Schimmer von Hoffnung, daß wir den Gipfel erreichen könnten. Aber eine große Spalte setzte unseren Bemühungen ein Ende. Reistagebuch, Besteigung des Chimborazo, 23. Juni 1802
Der Chimborazo galt zu Humboldts Zeiten mit seine 6263 Metern als der höchste Berg der Erde. Humboldt wollte diesen Vulkan am 23. Juni 1802 besteigen und scheiterte jedoch einige hundert Meter unterhalb des Gipfels. Es ist heute nachgewiesen, dass er beim Erreichen des Gipfels, diese Besteigung nicht überlebt hätte. Dann wäre der 33 jährige Humboldt nicht in die Analen der Wissenschaft eingegangen. So aber hatte einerseits der Berg Chimborazo Humboldt weithin bekannt gemacht, wie auch Humboldt den Chimborazo. Sein Scheitern der Vulkanbesteigung, nicht sein Erfolg war maßgeblich für seine spätere Berühmtheit.
Natürlich musste ich den Chimborazo fotografieren, mein Aufnahmestandpunkt war gefunden und ich fuhr täglich zum Sonnenaufgang - er versprach das beste Licht für die Aufnahme- von Riobamba aus in mehreren Stunden dorthin. Der Chimborazo verhielt sich wie in einer Legende der Indios, er zeigte sich dem Neugierigen nicht und war jedes mal in Nebel gehüllt. Erst am 3. Tag wurde mir bewusst, dass ich nicht den Chimborazo fotografieren muss, sondern das Geheimnis dieses Berges.
Vulkan Chimborazo, Ecuador, 2010
Nizag, Ecuador, 2010
Chucchilán, Ecuador, 2010
Ein Blick auf Quito, der Hauptstadt Ecuadors, vom „Hausberg“ Rucu Pinchincha. Der aktive und 4690 Meter hohe Vulkan erhebt sich majestätisch über der Stadt und bescherte Quito 1999 beim letzten Vulkanausbruch einen starken Ascheregen. Als einer der ersten Europäer bestieg Alexander von Humboldt 1802 beide Gipfel - der Rucu Pinchincha hat einen Bruder, einen etwas höheren zweiten Gipfel, den Guagua Pinchincha.
In seinen Reistagbüchern beschreibt Humboldt Quito folgendermaßen:
Quito ist vielleicht von allen Ländern Amerikas dasjenige, wo es die meisten Naturtalente gibt. Die Einwohnen haben eine Ungezwungenheit, eine Liebenswürdigkeit, eine Leichtigkeit, alles zu erlernen, die sie vorteihaft auszeichnet. Man bewundert diese Eigenschaften besonders bei der Jugend. Ein einförmiges Leben lässt diese Anlagenall mählicht verkümmern und lässt die menschen in die Mittelklasse zurücktreten.
Man kennt in der Stadt nur die Kirchenfeste, die sehr häufig sind und mehr Pulver in den Feuerwerkskörpern verbrauchen als der König von Spanien benötigen würde, um sich zum Herrscher über Brasilien zu machen.
Reisetagebuch, Schilderung des Stadt Quito
Quito
Quito, Ecuador, 2010
Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart, läßt auf ein höheres, noch unbekanntes schließen. Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Band 1, 1845
Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart, läßt auf ein höheres, noch unbekanntes schließen.
Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Band 1, 1845
Maria Guada Vacolema, 44 Jahre
Tarqui, Ecuador, 2010
Ana war im Jahr 2010 die Blumenkönigin von Riobamba in Ecuador, was mich an folgende Erzählung aus Humboldts Tagebuch erinnert:
Der junge Astorpilco, ein junger Mann von 17 Jahren und von gewinnenden Gesichtszügen, erzählte mir die Geschichte eines seiner Vorfahren, der eines nachts seiner Frau die Augen verbunden hatte und sie in jene unterirdischen Gänge herabsteigen ließ, wo sie, als er ihr die Binde abnahm, Bäume aus Golddraht mit Vögeln aus massivem Gold, die Tragsessel des Inca gesehen hatte. Der Ehemann sagte ihr, dass sie nichts berühren solle, weil es dafür noch nicht Zeit sei, und daß sie sterben würden, wenn sie den Schatz preisgeben. Das ähnelt reichlich den Ammenmärchen, aber die Sicherheit, mit der mir der junge Mann diese Zauberwelt beschrieb, die Einzelheiten, die er von einem wenige Schritte zu meiner Rechten aus massiven Gold nachgebildeten Guanto zu nennen wußte, von einem Incathron unter seinen Füßen, ließen mich für einen Augenblick vergessen, dass das alles wohl nichts als ein Traumbild ist. Ich sagte nach einer Pause zu ihm: “Mein Kind, sie sind arm, kommen sie nicht in Versuchung, unter diesen Fundamenten zu graben, um jene Schätze zu entdecken?“ Er antwortete mit einer Gelassenheit, die die menschliche Natur ehrt: „ Gott ist gerecht und gut. Mein Vater hat ein kleines Pachtgut, wo wir die Felder bebauen. Diese Ebene ist fruchtbar. Wir leben im Elend aber in Ruhe. Wenn wir Bäume und Früchte aus massiven Gold hätten, würden wir gehasst und verfolgt.“
Reise von Micuipampa über Cajamarca nachTrujillo an der Küste des Stillen Ozeans, 13. – 24. September 1802
Ana Josef ina Baéz Viteri, 17 Jahre
Riobamba, Ecuador, 2010
Juan Vicente Miguitama Quichimbo, 73 Jahre
Cuenca, Ecuador, 2010
Segundo Isaias Miñarcaja Castro, 18 Jahre
Calpi, Ecuador, 2010
Olmedo Ignacio Leòn, 76 Jahre
Ambato, Ecuador, 2010
Miguel Aurelio Alvarez Calle, 64 Jahre
Ingapirca, Ecuador, 2010
Lucia de Rocio Mayorga Espin, 30 Jahre
Chibuleo, Ecuador, 2010
Maria Teresa de Jesus Peralta Chacon, 72 Jahre, Maria Narcisa Montoya Peralta, 43 Jahre
Malacatos, Ecuador, 2010
Carmela Masaquisa Quma Santa, 86 Jahre
Salasaca, Ecuador, 2010
Edith Neuman, 99 Jahre
Der Himmel war schön gestirnt, die Nacht recht frisch. Die Ameisen, die uns von Zeit zu Zeit stachen, ließen uns alle Muße, den Sternenuntergang zu beobachten. Ich hatte schon viele Nächte wie diese am Orinoko verbracht, wo wir das „zwischen Jaguar und Krokodil“ nannten, denn in der Tat bevölkerten diese zwei Tierarten den Wald und das Ufer […].
Eine alte Indianerin beklagte in der Sprache der Incas sehr poetisch unser Geschick, indem sie sagte, dass die Vorsehung diejenigen bestraft, die nicht in ihrem Land (Heimat) bleiben, dass nichts so schön ist, wie das Vaterland und das wir sicher „über einen großen Weg“ sterben würden.
Reisetagebuch, Reise von Loja nach San Felipe, 28.Juli – 14.August 1802
Welche Freude! Fast 18 Monate sind wir im Landesinneren gewesen. Man glaubt einen alten Freund zu sehen beim Anblick des Meeres, das Herz öffnet sich, die Vorstellungskraft erfüllt sich mit tausend Gedanken der Gemeinschaft, der Erleichterung, der Hoffnung, Freunde ankommen zu sehen, zu den Seinen zurückzukehren … Die Südsee lässt noch erhabenere Ideen entstehen. Auf dem Rücken der Anden, umgeben von den Überresten eines klugen und fleißigen Volkes, suchten unsere Augen jene glücklichen Inseln, wo noch diese Unschuld der Sitten besteht, diese Charakterstärke, die die Europäer hier zerstört haben.
Welche Summe von Freuden und Schmerzen! Wie klein und eng die wirkliche Welt im Vergleich zu derjenigen ist, die der Mensch, ergriffen in der Tiefe seiner Gefühle, hervorbringt.
Reisetagebuch, Reise von Micuipampa über Cajamarca nach Trujillo an der Küste des Stillen Ozeans, 13.–24. September 1802
In der heißen Ebene der Küste sahen wir überall die traurigen Überreste von Kanälen, die die Peruaner in ein bis zwei Meilen Abstand vom Gebirge herabführten, um die Felder fruchtbar zu machen. Die spanischen Eroberer sorgten nicht nur nicht dafür, dass diese Kanäle unterhalten würden, sondern zerstörten sie, ebenso wie die Wege. Die Europäer sind außerhalb ihrer Länder ebensolche Barbaren wie die Türken und noch größere, denn sie sind fanatischer.
Der Himmel war schön gestirnt, die Nacht recht frisch. Die Ameisen, die uns von Zeit zu Zeit stachen, ließen uns alle Muße, den Sternenuntergang zu beobachten. Ich hatte schon viele Nächte wie diese am Orinoko verbracht, wo wir das „zwischen Jaguar und Krokodil“ nannten, denn in der Tat bevölkerten diese zwei Tierarten den Wald und das Ufer […]. Eine alte Indianerin beklagte in der Sprache der Incas sehr poetisch unser Geschick, indem sie sagte, dass die Vorsehung diejenigen bestraft, die nicht in ihrem Land (Heimat) bleiben, dass nichts so schön ist, wie das Vaterland und das wir sicher „über einen großen Weg“ sterben würden. Reisetagebuch, Reise von Loja nach San Felipe, 28.Juli – 14.August 1802
In der heißen Ebene der Küste sahen wir überall die traurigen Überreste von Kanälen, die die Peruaner in ein bis zwei Meilen Abstand vom Gebirge herabführten, um die Felder fruchtbar zu machen. Die spanischen Eroberer sorgten nicht nur nicht dafür, dass diese Kanäle unterhalten würden, sondern zerstörten sie, ebenso wie die Wege. Die Europäer sind außerhalb ihrer Länder ebensolche Barbaren wie die Türken und noch größere, denn sie sind fanatischer. Reisetagebuch, Reise von Micuipampa über Cajamarca nach Trujillo an der Küste des Stillen Ozeans, 13.–24. September 1802
Welche Freude! Fast 18 Monate sind wir im Landesinneren gewesen. Man glaubt einen alten Freund zu sehen beim Anblick des Meeres, das Herz öffnet sich, die Vorstellungskraft erfüllt sich mit tausend Gedanken der Gemeinschaft, der Erleichterung, der Hoffnung, Freunde ankommen zu sehen, zu den Seinen zurückzukehren … Die Südsee lässt noch erhabenere Ideen entstehen. Auf dem Rücken der Anden, umgeben von den Überresten eines klugen und fleißigen Volkes, suchten unsere Augen jene glücklichen Inseln, wo noch diese Unschuld der Sitten besteht, diese Charakterstärke, die die Europäer hier zerstört haben. Welche Summe von Freuden und Schmerzen! Wie klein und eng die wirkliche Welt im Vergleich zu derjenigen ist, die der Mensch, ergriffen in der Tiefe seiner Gefühle, hervorbringt. Reisetagebuch, Reise von Micuipampa über Cajamarca nach Trujillo an der Küste des Stillen Ozeans, 13.–24. September 1802
Piura Vieja / Chulucanas, Peru, 2010
Jaen, Peru, 2010
Frank Gaudlitz Hualgayoc, Peru, 2010
Ayabaca, Peru, 2010
Cascas, Peru, 2010
San Felipe ist eine kleiner Ort in der Provinz Jaen in Peru. Ich wurde vom Bürgermeister empfangen, dem ich einige Tage zuvor telefonisch mein Projekt erläuterte. Er hatte mit einigen der Dorfbewohner gesprochen und beim Rundgang durch den Ort sah ich durch ein offenes Fenster ein Mädchen mit einem Jungen auf ihrem Schoß unter einem Bild der heiligen Familie. Sofort wurde mir die fast religiöse Wirkung dieser Situation bewusst. Das verblichene Madonnenblau der Wand, die Dunkelheit eines Kirchenraumes, die Überstrahlung des Lichts und die Haltung des Mädchens mit ihrem Bruder, die einer Pieta glich.
Das alles war ein prächtiges Geschenk an den Fotografen, der nur noch darum bitten konnte, die Haltung nicht zu verändern während er sein Stativ aufbaut, den richtigen Standpunkt sucht und diese wunderbare Situation in eine Fotografie rettet.
Cintia Pamela Rodriguez Camisan, 16 Jahre, Cristian Raul Rodriguez Camisan, 5 Jahre
San Felipe, Peru, 2010
Hilda Gonzales Pimentel, 55 Jahre
Alejandrina de la Cruz Vasquez, 54 Jahre
Hualgayoc, Peru, 2010
Pedro Flores Zegarra, 73 Jahre
Huancabamba, Peru, 2010
Victor Garcia Sanchez, 35 Jahre
Campiña de Moche, Peru, 2010
Percy Jonel Garcia Rodriguez, 14 Jahre
Hualgayoc, Peru 2010
Luis Antonio Jare Trujillo, 35 Jahre
Elvira Perez Vega de Flores, 92 Jahre, Alfonso Flores Coronel, 98 Jahre
Cochabamba, Peru, 2010
Cecilia Hoyos Villanueva, 29 Jahre
Huambos, Peru, 2010
Alles ist Wechselwirkung. Reisetagebuch, Tal von Mexico, 1. – 5. August 1803
Alles ist Wechselwirkung.
Reisetagebuch, Tal von Mexico, 1. – 5. August 1803
Geboren 1958 in Vetschau, hat 1987 bis 1991 Fotografie bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert. Seitdem hat er zahlreiche Fotografische Projekte realisiert Frank Gaudlitz gehört heute zu den wohl bekanntesten deutschen Fotografen der Gegenwart. Er arbeitet analog an selbstkonzipierten Langzeitprojekten insbesondere in Russland, Osteuropa und Südamerika. Seine großen fotografischen Folgen „Die Russen gehen“ (1991–94), „Warten auf Europa“ (2003–05), „Casa Mare“ (2005–08), „Sonnenstraße“ (2010) und „A Mazo“ (2013–15) spannen den Bogen zwischen epochalen Ereignissen und Einzelschicksalen. Sie wurden in Bildbänden und internationalen Einzelausstellungen veröffentlicht und vielfach ausgezeichnet. Sein neuestes Buchprojekt „Russian Times 1988–2018“ erschien 2019, und umfasst als Trilogie eine Zeitspanne von 30 Jahren und drei gesellschaftlichen Perioden in Russland. Für dieses Projekt erhielt Frank Gaudlitz den Brandenburgischen Kunstpreis für Fotografie.
Zuletzt aktualisiert 16.04.2020
Your name:
Your Email:
By clicking "Submit" I agree to the collection and usage of my personal information in the form above This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.
Поделиться ссылкой на выделенное
Прямая ссылка: