Frank Gaudlitz
Juan Vicente Miguitama Quichimbo, 73 Jahre
Cuenca, Ecuador, 2010
Lucia de Rocio Mayorga Espin, 30 Jahre
Chibuleo, Ecuador, 2010
Hilda Gonzales Pimentel, 55 Jahre
Ayabaca, Peru, 2010
Alejandrina de la Cruz Vasquez, 54 Jahre
Hualgayoc, Peru, 2010
Luis Antonio Jare Trujillo, 35 Jahre
Cascas, Peru, 2010
Pedro Flores Zegarra, 73 Jahre
Huancabamba, Peru, 2010
Frank Gaudlitz Hualgayoc, Peru, 2010
Quito
Ein Blick auf Quito, der Hauptstadt Ecuadors, vom „Hausberg“ Rucu Pinchincha. Der aktive und 4690 Meter hohe Vulkan erhebt sich majestätisch über der Stadt und bescherte Quito 1999 beim letzten Vulkanausbruch einen starken Ascheregen. Als einer der ersten Europäer bestieg Alexander von Humboldt 1802 beide Gipfel - der Rucu Pinchincha hat einen Bruder, einen etwas höheren zweiten Gipfel, den Guagua Pinchincha.
In seinen Reistagbüchern beschreibt Humboldt Quito folgendermaßen:
Quito ist vielleicht von allen Ländern Amerikas dasjenige, wo es die meisten Naturtalente gibt. Die Einwohnen haben eine Ungezwungenheit, eine Liebenswürdigkeit, eine Leichtigkeit, alles zu erlernen, die sie vorteihaft auszeichnet. Man bewundert diese Eigenschaften besonders bei der Jugend. Ein einförmiges Leben lässt diese Anlagenall mählicht verkümmern und lässt die menschen in die Mittelklasse zurücktreten.
Man kennt in der Stadt nur die Kirchenfeste, die sehr häufig sind und mehr Pulver in den Feuerwerkskörpern verbrauchen als der König von Spanien benötigen würde, um sich zum Herrscher über Brasilien zu machen.
Reisetagebuch, Schilderung des Stadt Quito
Eine Papayaplantage am Rio Mayo. Hier nahm meine fotografische Hommage an Alexander von Humboldt ihren Ausgangspunkt, was ich kurz erläutern möchte:
Während seiner Amerikanischen Reise trifft Humboldt um die Weihnachtszeit des Jahres 1801, auf die Sonnenstrasse der Inka. Am Schnittpunkt der heutigen Panamericana mit dem Rio Mayo führt er barometrische Messungen durch, etwa in dem Gebiet, wo einer Legende nach, der Inkafürst Huayna Capac 1527 goldene Stäbe ins Flussufer getrieben hatte, um die Nordgrenze seines Reiches zu markieren. Zunächst ohne es zu wissen, reiste Humboldt von da an entlang dieses alten Höhenweges.
Inspiriert von der Persönlichkeit dieses deutschen Forschers aus der Zeit der Aufklärung, seiner Art und Weise, die Umwelt vielschichtig wahrzunehmen und auch die sozialen Situationen niemals auszublenden, bin ich als Fotograf in 7 Monaten diesem 2500 Kilometer langen Teilstück seiner Expedition gefolgt. Die Überlagerung der historischen Wege (Sonnenstraße der Inka / Humboldts Amerikanische Reise / Projektreise) und die Überlagerung der verschiedenen Kulturen waren gedankliche Grundlage für mein Projekt.
Goldwäscher am Rio Mayo
Dieses Landschaftsfoto entstand bei der Besteigung des aktiven Vulkans Cumbal im Süden Kolumbien. Er ist mit seinen 4764 Metern Teil einer kleinen Vulkankette an der ecuadorianischen Grenze. Die dort häufig vorkommenden Pflanzen werden Schopfrosetten (Espeletia) genannt und können bis zu 8 Meter Wuchshöhe erreichen.
Auf dem Vulkan wird Schwefel abgebaut. Die Arbeiter tragen die ca. 50 Kilogramm schweren Körbe vom Gipfel mehrere hundert Höhenmeter über steinige Hänge nach unten, bis sie auf Maultiere verladen werden können. Die schwefelhaltigen Fumarolen auf dem Kraterrand machen das Atmen schwer. Es ist unvorstellbar, wie die Arbeiter bis zu 3 mal pro Tag diesen Gipfel besteigen und dort schwefelhaltiges Gestein abbauen.
Auf dem Vulkankrater des Cumbals
Amélie Losier
Nada Elissa, 26 Jahre
Kairo, Ägypten, 2015
Samah Hamedto Abdel Azim, 35 Jahre
Kairo, Ägypten, 2014
Al Doqqi, Kairo, Ägypten, 2014
Oum El Bilel, 44 Jahre
Nadia Girgis, 42 Jahre
Amal Hamatou Abdel Azim Shehata, 20 Jahre
Zeinab Sabet, 31 Jahre
Shaima Badria Fathi, 32 Jahre
Alexandria, Ägypten, 2015
Nabeya Mohamed Ibrahim El Kabani, 55 Jahre
Jahre, Kairo, Ägypten, 2014
Noura Khaled Sayed Hamed, 19 Jahre
Zamalek, Kairo, Ägypten, 2018
Zeinab, 31 Jahre, ist ledig, lebt bei ihrer Mutter im Süden von Kairo. Sie hat in Ägypten, Belgien und Frankreich Politikwissenschaften studiert und war für Amnesty International tätig. Heute arbeitet sie in Kairo bei einer NGO, die für Frauenrechte und gegen sexuelle Belästigung in Ägypten kämpft. Ich zitiere sie:
«Sexuelle Belästigung ist eine tägliche Realität für fast alle Frauen in Kairo.
Während der Revolution und bei den Frauendemonstrationen auf dem Tahrir-Platz tauchte ein neues Phänomen auf: die Vergewaltigung durch ganze Gruppen von Männern, der mob sexual assault. Etwa fünfzehn oder zwanzig Männer, manchmal bewaffnet, gaben sich gegenseitig ein Zeichen und zogen innerhalb von dreißig Sekunden eine Frau auf den Boden und umringten sie mit ein, zwei oder drei Kreisen. Von außen war das Opfer gar nicht zu sehen. Die Sache hatte den Anschein einer Auseinandersetzung unter jungen Männern. Ich war Mitbegründerin der Organisation Tahrir Bodyguards. Meine Kollegen sind in diese Kreise eingedrungen und haben das Opfer herausgezogen, während es meine Aufgabe war, die Frau dann aufzunehmen und zu unserem safe house zu bringen.
Nach dem Ende der Demonstrationen haben Kollegen und ich eine neue Organisation gegründet: Dignity without Borders, um weiter an dem Problem der sexuellen Belästigung zu arbeiten: durch Bildung in der Schule, durch Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für das Thema und durch Empowerment der Frauen. Ich glaube, dass eine Gesellschaft nur durch Bildung einen respektvolleren Umgang gegenüber Frauen entwickeln kann.
Grundsätzlich herrscht heute in unserer Gesellschaft die Auffassung, die Frau sei allein verantwortlich für das, was ihr zustößt. Auch die Frauen selbst meinen, sie seien verantwortlich für den erlittenen sexuellen Missbrauch. Deswegen versuche ich mit Dignity Without Borders die Wahrnehmung der Frauen von sich selbst zu verändern.
Unabhängig von der Religion glaube ich wirklich an die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Und solange ich niemanden in Lebensgefahrt bringe, niemandem physisch oder moralisch zu nahe trete, solange ich die Freiheit des anderen respektiere, gibt es keinen Grund, dass die Art, wie ich mich anziehe, irgendjemanden etwas angeht. Jeder ist für sein eigenes Handeln verantwortlich! Es ergibt für mich keinerlei Sinn, dass mich die Gesellschaft für die sexuellen Regungen und Frustrationen der Männer verantwortlich machen will. … Es gibt noch so viel zu tun hier!»
Nadia, 42 Jahre alt, lebt in Madinet El Salam im Norden von Kairo. Sie ge hört zur Minderheit der Kopten und arbeitet als Haushaltshilfe bei einer Familie und sie hat zwei Kinder. Sie erzählte mir:
«Ich war 15, als ich verheiratet wurde. Meinen Mann habe ich mir nicht ausgesucht. Es war keine Liebesehe. Er war ein widerlicher Kerl, ging fremd, und wenn er betrunken war, schlug er mich und fügte mir regelmäßig Verbrennungen zu. Als Koptin darf man sich nicht scheiden lassen, es sei denn, der Mann verhält sich gegenüber seiner Frau inkorrekt. Ich hatte genügend Gründe, um eine Scheidung zu verlangen, also ließ ich den Priester kommen. Vor dem Priester aber hat sich mein Mann verstellt und gesagt, ich würde lügen. Und so durfte ich mich nicht scheiden lassen, und mein Mann war danach natürlich umso gewalttätiger. Vor elf Jahren bin ich zu meiner Mutter gezogen. Ich hatte Angst um die Kinder und wollte sie schützen. Er ist uns nicht gefolgt, aber er hat unsere Wohnung verkauft, das ganze Geld verspielt und für Drogen ausgegeben, bis er obdachlos wurde. Trotz allem habe ich ihm geholfen, ich hatte Mitleid, und er war schließlich der Vater meiner Kinder. Vor drei Jahren ist er an einer Überdosis gestorben. Hamdullilah! Gott sei Dank! Es ist eine Erleichterung, dass er nicht mehr lebt.»
Nada, 26 Jahre, lebt in einer Wohngemeinschaft im Zentrum von Kairo. Sie ist Fotografin, DJane, Designerin und sie erzählt mir:
«Meine Eltern sind glücklich, sogar stolz, dass ich allein lebe. Ich habe meine Wohnung, lebe mein Leben und muss niemandem Rechenschaft ablegen.
Ich habe einen Freund, bin aber nicht mit ihm verheiratet. Meine Situation ist ungewöhnlich, wenn man die ägyptische Gesellschaft insgesamt betrachtet, aber in meiner sozialen Schicht bin ich keine Ausnahme: Meine Freundinnen und Freunde haben alle einen Freund bzw. eine Freundin. Und ich stelle fest, dass immer mehr Leute meiner Generation eigenständig leben, ohne verheiratet zu sein.
Ich finde es nicht unbedingt angenehm, durch Kairo zu laufen. Ich sehe die Menschen, die Straßen, Armut, Freude, Dummheit und all das, tote Katzen, tote Hunde, Verbitterung, Müll, schöne Architektur, Chaos, überall ist zu viel Lärm, lauter Lärm. Es ist wie ein Dschungel, ein Dschungel aus Beton. Und wenn ich Superkräfte hätte, würde ich breite Bürgersteige für die Fußgänger bauen und Fahrradwege. Das öffentliche Verkehrssystem ist hier sehr schlecht, das würde ich verbessern, und ich würde versuchen, ein Recycling-System aufzubauen, damit alles etwas sauberer wird. Wenn ich Superkräfte hätte, würde ich vor allem auch diese Idee religiöser Gesetze ausradieren, das ist nämlich wirklich ein Problem hier. Und ich würde das gesamte ägyptische Rechtssystem durchleuchten lassen.
Rawiya, Abdel Kadr, 37 Jahre
Tunis El Fayoum, Ägypten, 2014
Rawiya ist 37 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern in einem Bauerndorf der Oase Fayoum, 150 km südlich von Kairo. Sie war zwölf, als sie mit Töpferkursen anfing und entdeckte ihren Weg und wurde selbst Töpferin. Mit fünfundzwanzig eröffnete sie ihre eigene Werkstatt. Sie sagt mir:
«Ich komme aus einer sehr armen Bauernfamilie. Ich habe mehrere Heiratsanträge erhalten, doch ich lehnte sie alle ab, weil die Männer nur wollten, dass ich auf dem Feld arbeite. Aber ich wollte nicht. Ich wünschte mir jemanden, der wie ich und mit mir als Töpfer arbeitet.
Als ich klein war, sah ich, wie mein Vater oft meine Mutter angeschrien hat und wie brutal er sie schlug, es war schrecklich. Da beschloss ich, gegenüber niemandem je schwach zu sein, auch nicht vor meinem Mann. Ich bin eine gamda, eine starke Frau – stark gegenüber allen, die meine Rechte einschränken wollen. Ich bin der Vater, die Mutter und die große Schwester in einem, ich kümmere mich um die Familienpapiere und verwalte das Geld. Im Guten und im Schlechten bin ich diejenige, die hier alles trägt.»
Heute ist Rawiya die einzige selbstständige Töpferin im Dorf und hat ihrem Mann, ihren zwei Brüdern und ihren ersten zwei Töchtern das Töpfern beigebracht. Sie hat ihr eigenes Atelier.
Als ich sie porträtierte war Noura 19 Jahre alt. Sie lebte noch bei ihren Eltern in Imbaba in Kairo. Sie war Gymnasiastin und wollte zuerst ihr Abitur machen. Und sie war verlobt. Sie erzählte mir im Interview:
«Ich bin sehr gespannt darauf, die Sexualität zu entdecken. Einerseits habe ich etwas Angst, weil ich noch ganz ahnungslos bin, aber ich freue mich auch sehr darauf. Ich habe natürlich nicht nur das Eine im Kopf, aber Sex ist sicher mit Vergnügen verbunden.
Ich bin nicht beschnitten, im Gegensatz zu meiner Mutter, die aus dem Süden Ägyptens kommt, wo das Tradition ist. Es war aber so schrecklich für sie, dass sie beschlossen hat, meine Schwester und mich nicht beschneiden zu lassen. Es ist mir peinlich, mit meiner Mutter über Sex zu reden. Sie wird mir vor der Hochzeit bestimmt einiges erklären.
Eine Freundin von mir hat in der Schule Unterricht gehabt über den männlichen und weiblichen Körper und spricht mit mir darüber. Das Thema ist sonst sehr tabu hier. Aber meine Freundin hat mir vieles über meinen Körper erklärt, was ich überhaupt nicht wusste! Man hat mir gesagt, dass Männer allgemein egoistisch sind, wenn es um Sex geht. Aber ich denke, mein künftiger Mann wird jemand sein, mit dem ich reden kann. Geben und Nehmen – es muss in beide Richtungen gehen. Und ich werde keine Angst haben, das anzusprechen.»
Downton, Kairo, Ägypten, 2014
Salma Aziz (Name geändert) 28 Jahre
Heba Khalifa, 38 Jahre
Imbaba, Kairo, Ägypten, 2014
Als ich sie fotografierte, war Salma (ihr Name wurde geändert) 28 Jahre alt, Fernsehjournalistin, geschieden, und sie lebte in einer Wohngemeinschaft im Zentrum von Kairo. Sie hat eine sechsjährige Tochter, die bei ihrer Mutter in Alexandria lebte.
Aus Liebe akzeptierte sie es, nach der Hochzeit den Niqab* zu tragen (der Niquab ist ein Schleier, der das ganze Gesicht außer den Augen bedeckt). Aber ihr Mann hat ihre Liebe missbraucht. Sie sagte mir:
«Zum Glück kann man sich aber trotz niqab weiterhin Gedanken machen! In der islamischen Gesellschaft darf nur der Mann sich scheiden lassen, aber jetzt erlaubt das Gesetzt auch der Frau, die khula** (also die Scheidung) zu beantragen: Sie kann sich vom Mann scheiden lassen, muss aber ein Papier unterschreiben, mit dem sie auf alle finanziellen Ansprüche verzichtet. Mein Mann nahm mir alles weg, meinen Schmuck, mein Geld. Aber meine Tochter nicht, zum Glück! (und sie lacht). Am Tag, als ich auszog, habe ich den Niqab abgelegt – noch vor der Scheidung. Was für eine Erleichterung.»
Amélie Losier
SAYEDA
Frauen in Ägypten. Women in Egypt. Femmes d‘Égypte
Seit dem arabischen Frühling 2011 durchlebt Ägypten eine heftige politische und ökonomische Krise. Ein Teil der Bevölkerung kämpft für Meinungs- und Versammlungsfreiheit, für das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, und klagt laut und deutlich Verletzungen von Menschen- und vor allem Frauenrechten an. Einige Frauen kämpfen gegen den traditionellen Verhaltenskodex, der für sie eine andere Rolle und einen anderen Status vorsieht als für Männer. Viele hoffen auf einen Mentalitätswandel der Gesellschaft, auch wenn sie in ihrem Alltag oft selbst wenig unternehmen können. Wer sind diese Frauen?
In Ihrer Arbeit «SAYEDA. Frauen in Ägypten» porträtiert die Fotografin Amélie Losier Ägypterinnen zwischen Arabischem Frühling und militärdiktatorischer Eiszeit: eine von vier Taxifahrerinnen in Kairo, die erste ägyptische Präsidentschaftskandidatin, Aktivistinnen, Arbeiterinnen und Ehefrauen mit oder ohne Kopftuch - Frauen, deren jeweilige Position in der Gesellschaft von ihrer Religion, Ausbildung, Alter und sozioökonomischen Lage abhängt. Losier hat sie in ihrem Zuhause besucht und fotografiert und die Gedanken und Wünsche jeder Frau in einem Interview aufgenommen. Sie legt damit Zeugnis ab über das weibliche Ägypten zwischen Aufbruch und Stagnation.
Daraus ergibt sich eine mögliche Antwort auf die Frage: Was bedeutet es, eine Frau heute in Ägypten zu sein?
Juan José Santacruz, 35 Jahre
Guachucal, Kolumbien, 2010
Maria Delicia Urbano Calderon, 50 Jahre
Sapuyes, Kolumbien, 2010
Maria Arcelia Rodriguez, 76 Jahre, Cesar Efrain Calderon, 73 Jahre
Chillanquer, Kolumbien, 2010
Amélie Losier/Fotograf
Geboren 1976 in Versailles, Frankreich, studierte von 2001 bis 2005 Dokumentarfotografie an der Schule „Fotografie am Schiffbauerdamm“ bei Prof. Arno Fischer, Berlin. Seit 2001 ist Amélie freiberufliche Fotografin in Berlin und Paris, seit 2004 außerdem Fotografin für Die Tageszeitung. Ihre Arbeiten wurden im Rahmen zahlreicher Einzelausstellungen gezeigt, u. a. 2001 New-York — Illustrations, Galerie Le Dépot des Photographes, Paris; 2008 Quand la ville dort. Die Nachtarbeiter, Akademie der Künste, Klostergalerie, Zehdenick (Buch); 2013 Berlinale Backstage, Schauspielhaus, Magdeburg; 2014 Stalin Allee vs Karl-Marx Allee, Fenster61, Berlin; 2016 — 2018 SAYEDA, Women in Egypt, Institut Français de Jordanie, 5th Image Festival, Amman, Jordanien; Festival Zürich Liest, Modissa, Zürich, Schweiz; Haus am Kleistpark Projektraum, Berlin (Buch).
Kolumbien
Landschaft auf dem Weg zu Maria und Cesar
Manchmal hat man ein Gefühl im Bauch, kurz vor einem guten Foto zu stehen. Das der Weg oftmals aber länger als erwartet ist, wurde mir beim Zustandekommen des Doppelporträts von Maria und Cesar bewusst. In der kleinen Ortschaft Chillanquer erzählte mir jemand, das etwasaußerhalb ein sehr großer Mann mit einer viel kleineren Frau wohnt. Ich folgte meinem Bauchgefühl und der Wegbeschreibung mehrere Stunden durch die Berge und fand trotz stärker werdender Zweifel das Haus dieses Ehepaars. Und da sie selten Besuch bekamen, und Cesar deutsche Vorfahren hatte, waren sie bereit, sich porträtieren zu lassen. Sein bester Kampfhahn durfte auf diesem Foto nicht fehlen.Obwohl ich weniger als eine Stunde ihr Gast war, traf ich erst nach fast sieben Stunden wieder in Chillaquer ein.Allerdings war der Rückweg begleitet vom Glücksgefühl, ein gutes Foto gemacht zu haben.
Juan Jose Santacruz ist ein Binnenflüchtling. Er verließ sein Dorf in der Provinz Narinho im Süden Kolumbiens, auf Grund regelmäßiger Plünderungen durch die Guerilleros der FARC, die sich in den umliegenden schwer zugänglichen Gebirgsregionen aufhielten. Da sein Heimatdorf über keine Polizeistation verfügte, waren diese nächtliche Überfälle für die Guerilla risikolos.
Meerschweine in den Hütten zu halten, ist eine alte Tradition der Hochlandindios. Da sich diese Tiere sich stark vermehren, waren und sind sie oftmals die einzige Fleischnahrung in den Anden. In den größeren Städten wird Meerschwein als Delikatesse angeboten.
Schubkarre mit Meerschweinen zum Auswählen
Remotina, Kolumbien, 2010
Ursulina Delgado, 88 Jahre
Alexandra Rosero, 19 Jahre, Jhon Fredy Arboleda, 12 Jahre
Consaca, Kolumbien, 2010
Vulkan Cumbal, Kolumbien, 2010
Vulkan Chimborazo, Ecuador, 2010
Quito, Ecuador, 2010
Miguel Aurelio Alvarez Calle, 64 Jahre
Ingapirca, Ecuador, 2010
Carmela Masaquisa Quma Santa, 86 Jahre
Salasaca, Ecuador, 2010
Pujili / Vulkan Cotopaxi, Ecuador, 2010
Edith Neuman, 99 Jahre
Maria Teresa de Jesus Peralta Chacon, 72 Jahre, Maria Narcisa Montoya Peralta, 43 Jahre
Malacatos, Ecuador, 2010
Ecuador
Der Chimborazo galt zu Humboldts Zeiten mit seine 6263 Metern als der höchste Berg der Erde. Humboldt wollte diesen Vulkan am 23. Juni 1802 besteigen und scheiterte jedoch einige hundert Meter unterhalb des Gipfels. Es ist heute nachgewiesen, dass er beim Erreichen des Gipfels, diese Besteigung nicht überlebt hätte. Dann wäre der 33 jährige Humboldt nicht in die Analen der Wissenschaft eingegangen. So aber hatte einerseits der Berg Chimborazo Humboldt weithin bekannt gemacht, wie auch Humboldt den Chimborazo. Sein Scheitern der Vulkanbesteigung, nicht sein Erfolg war maßgeblich für seine spätere Berühmtheit.
Natürlich musste ich den Chimborazo fotografieren, mein Aufnahmestandpunkt war gefunden und ich fuhr täglich zum Sonnenaufgang - er versprach das beste Licht für die Aufnahme- von Riobamba aus in mehreren Stunden dorthin. Der Chimborazo verhielt sich wie in einer Legende der Indios, er zeigte sich dem Neugierigen nicht und war jedes mal in Nebel gehüllt. Erst am 3. Tag wurde mir bewusst, dass ich nicht den Chimborazo fotografieren muss, sondern das Geheimnis dieses Berges.
Was unerreichbar scheint, hat eine geheimnisvolle Kraft. Man will, dass wenigstens versucht werde, was nicht errungen werden kann. A.v.Humboldt
Unsere Begleiter, von Kälte erstarrt, ließen uns im Stich; nur Bonpland, Montúfar, der Barometermann und zwei Indios mit anderen Instrumenten folgten mir. Die Indios blieben bei 2600 Toisen schließlich auch zurück, trotz all unser Drohungen. Sie versicherten, vor Atemnot zu ersticken, obgleich sie uns wenige Stunden zuvor voll Mitleid betrachtet und behauptet hatten, daß die Weißen nicht einmal bis an die Schneegrenze kommen würden. Wir stiegen sehr hoch, höher als ich gehofft hatte. [...] Der Hang wurde bald sehr steil. Man mußte sich mit Händen und Füßen festhalten. Wir verletzten sie uns alle, wir bluteten alle, die Steine hatten spitze Kanten. Man wußte nicht, wo man den Fuß hinsetzten sollte, die Felsbrocken waren in einem sehr feinen Sand beweglich. [...] Auch die Atmung wurde stark beeinträchtigt, und was noch lästiger war, jeder fühlte sich schlecht, hatte das Bedürfnis, sich zu erbrechen. [...] Außerdem blutete uns das Zahnfleisch und die Lippen. Das Weiße im Auge war blutunterlaufen. [...] Wir haben niemals unser Zahnfleisch bluten sehen außer in einer Höhe von 2800 Toisen. Das ist ein wirklich skorburartiger Zustand. Wir stiegen noch eine halbe Stunde lang. Es wurde so neblig, daß wir den Gipfel nicht sahen. Die Reihen von Felsblöcken setzten sich noch immer fort. Es kam uns ein Schimmer von Hoffnung, daß wir den Gipfel erreichen könnten. Aber eine große Spalte setzte unseren Bemühungen ein Ende.
Reistagebuch, Besteigung des Chimborazo, 23. Juni 1802
Victor Garcia Sanchez, 35 Jahre
Campiña de Moche, Peru, 2010
Elvira Perez Vega de Flores, 92 Jahre, Alfonso Flores Coronel, 98 Jahre
Cochabamba, Peru, 2010
Piura Vieja / Chulucanas, Peru, 2010
Imbaba, Kairo, Ägypten, 2015
Bab Al-Louq, Kairo, Ägypten, 2014
Percy Jonel Garcia Rodriguez, 14 Jahre
Hualgayoc, Peru 2010
Nadia Ali Abdala, 42 Jahre
Sadat City, Ägypten, 2014
Olmedo Ignacio Leòn, 76 Jahre
Ambato, Ecuador, 2010
Nadia, 42 Jahre alt, ist Mutter zweier Kinder, lebt mit ihrem indischen Mann in Sadat City, 100 km nordwestlich von Kairo. Sie arbeitet als Bauleiterin in der Bauindustrie, ein Beruf, der sehr selten von Frauen ausgeübt wird. Sie sagte mir:
«Es ist ein Geschenk Gottes, dass ich diese Arbeit machen kann: Denn ich habe nicht studiert und ich habe alles vor Ort gelernt. Ein paar Bekannte haben mir sehr geholfen, so weit zu kommen. Die Männer, die für mich arbeiten, kennen mich nun schon lange, und es macht ihnen nichts mehr aus, dass ihr Chef eine Chefin ist. Aber ich muss oft richtig lachen, wenn ich die Überraschung auf den Gesichtern neuer Mitarbeiter sehe, denen klar wird, dass sie einer Frau gehorchen müssen!»
Chucchilán, Ecuador, 2010
Bothaina Kamel, 52 Jahre
Nour Gaber Mahfouz, 50 Jahre
Kairo, Ägyten, 2015
Als ich sie porträtierte war Mona 42 Jahre alt. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Imbaba in Kairo. Sie ist Köchin und Putzfrau. Sie erzählte mir:
«Die ägyptische Frau denkt zuallererst an ihre Kinder. Dann an ihren Mann und den Haushalt. Erst am Ende denkt sie an sich selbst. Also muss sie es sich selbst vorwerfen, wenn sie ihre Rechte verliert: das Recht zu arbeiten, das Recht auf eine eigene Meinung ihrem Mann gegenüber. Dies ist leider das Schicksal vieler Frauen in Ägypten. Zum Glück aber nicht meines, denn ich lebe in einer Liebesehe. Ich arbeite, weil es mir gefällt und weil ich es brauche.
Während der Revolution 2011 habe ich 18 Tage lang mit demonstriert, um mehr soziale Gerechtigkeit und Arbeit zu fordern. Seitdem hat sich zwar nichts geändert. Aber ich denke, wir müssen geduldig sein, sehr geduldig. Und wir müssen alle weiterhin Hand in Hand gehen.»
Bothaina, 52 Jahre alt, hat Betriebswirtschaft, dann Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Afrika sowie Journalismus studiert; heute ist sie Fernsehjournalistin und Politikerin. Sie lebt allein im Zentrum von Kairo und hat eine Tochter.
2012 und 2014 war sie die einzige Frau, die versuchte, für die Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, doch reichte die Anzahl der gesammelten Unterschriften für die Zulassung ihrer Kandidatur nicht aus. Sie sagte mir:
«Als 2011 die Revolution begann, wurde mir schnell klar, dass ich mich für Frauenrechte engagieren wollte. Früher dachte ich, wenn Ägypten dem Volk mehr Rechte gibt, dann werden auch die Frauen davon profitieren. Heute aber bin ich davon überzeugt, dass es genau umgekehrt ist: Nur wenn die Frauen sich mehr Rechte verschaffen, wird die ganze Gesellschaft etwas davon haben. Die bessere Stellung der Frau muss Vorrang haben. Aus diesem Grund wollte ich in die Politik.
In unserem Land, – sagt sie noch, – siehst du Mädchen, die eng anliegende Hose tragen und übertrieben geschminkt sind, ihre Haare aber unter einem Schleier verstecken müssen. Und die Mehrheit der Friseure sind Männer. Es gibt in unserer Gesellschaft viele Widersprüche, das ist Ägypten: alles und sein Gegenteil, und das ist ein Reichtum!»
Marianne Khoury, 55 Jahre
Mona Farrag Abdelati, 42 Jahre
El Sayeda-Zeinab, Kairo, Ägypten, 2015
VON ANGESICHT ZU ANGESICHT Frank Gaudlitz, „Sonnenstraße“ – Amélie Losier, „Sayeda“
Frank Gaudlitz (Potsdam) und Amélie Losier (Berlin) haben bei Arno Fischer studiert, dem langjährigen Leipziger Meister stilprägender Schwarz-Weiß-Fotografie. Ihre eigenen Arbeiten bringen Bilder von langen und weiten Reisen zurück – von der südamerikanischen „Sonnenstraße“, die Alexander von Humboldt bereiste, und von den städtischen Lebenswelten arabischer Frauen in Kairo heute („Sayeda“). „Meine Überlegungen richten sich,- schreibt Gaudlitz über den gemeinsamen Ausstellungstitel „Von Angesicht zu Angesicht“, - auf den Porträtprozess an sich, das Gegenübersein auf gleicher Höhe, ebenso auf den Dialog, den der Betrachter mit den abgebildeten Personen aufnehmen kann. Unsere beiden Porträts offenbaren Einblicke in Privaträume, soziale Schichtungen und fremde Kulturen. Das deutet auf die Nähe hin, die wir zu fremden Personen herstellen. Letztlich entsteht auch zwischen uns als Fotografen ein Dialog. Auch wir betrachten uns gegenseitig.“
Frank Gaudlitz‘ Fotografien sind Plädoyers für eine Welt der Differenz und der Vielfalt. (…) Die ‚family of men‘, das sagen die Bilder, besteht aus Individuen, die einen Namen haben, erkennbar sind und ihren Platz in der Welt einnehmen. So gesehen sind es Bilder der Hoffnung. (Matthias Flügge)
Geboren 1958 in Vetschau, hat 1987 bis 1991 Fotografie bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert. Seitdem hat er zahlreiche Fotografische Projekte realisiert Frank Gaudlitz gehört heute zu den wohl bekanntesten deutschen Fotografen der Gegenwart. Er arbeitet analog an selbstkonzipierten Langzeitprojekten insbesondere in Russland, Osteuropa und Südamerika. Seine großen fotografischen Folgen „Die Russen gehen“. (1991–94) „Warten auf Europa“ (2003–05), „Casa Mare“ (2005–08), „Sonnenstraße“ (2010) und „A Mazo“ (2013–15) spannen den Bogen zwischen epochalen Ereignissen und Einzelschicksalen. Sie wurden in Bildbänden und internationalen Einzelausstellungen veröffentlicht und vielfach ausgezeichnet. Sein neuestes Buchprojekt „Russian Times 1988–2018“ erschien 2019, und umfasst als Trilogie eine Zeitspanne von 30 Jahren und drei gesellschaftlichen Perioden in Russland. Für dieses Projekt erhielt Frank Gaudlitz den Brandenburgischen Kunstpreis für Fotografie.
Nizag, Ecuador, 2010
Peru
Dounia Mersel, 53 Jahre
Gamalat Sheela, 78 Jahre
May El Hossamy, 36 Jahre
May, 36 Jahre, ist Malerin, Fotografin und Regisseurin von Dokumentarfilmen. Sie lebt zur einen Hälfte bei ihrer Mutter und zur anderen Hälfte in der Wohngemeinschaft ihres Ateliers in Maadi, Kairo. In ihrer dokumentarischen Arbeit beschäftigt sie sich hauptsächlich mit den Lebensbedingungen der Frauen sowie mit weiteren Themen, die in Ägypten problematisch sind wie sexuelle Lust und Genitalverstümmelung. Obwohl die weibliche Beschneidung seit 1996 offiziell verboten ist, wird sie weiterhin praktiziert.
Dazu sagt sie:
«Im Süden Ägyptens wird eine unbeschnittene Frau keinen Mann finden. Die Tradition ist dort noch sehr wichtig. Ich war sehr enttäuscht zu erfahren, dass die Beschneidung ursprünglich aus der Pharaonenzeit stammt! Im Islam darf eine Frau sich von ihrem Mann scheiden lassen, wenn er ihr keine sexuelle Befriedigung verschafft. Zugleich aber wird die Beschneidung von der Scharia befürwortet, die auf den Hadithen* basiert (also dem Propheten zugeschriebenen Aussprüchen). Wie aber kann eine Frau sexuelles Vergnügen erleben, wenn sie beschnitten ist?»
Eglal Rafat, 73 Jahre
Ana Josef ina Baéz Viteri, 17 Jahre
Riobamba, Ecuador, 2010
Maria Guada Vacolema, 44 Jahre
Tarqui, Ecuador, 2010
Segundo Isaias Miñarcaja Castro, 18 Jahre
Calpi, Ecuador, 2010
Ana war im Jahr 2010 die Blumenkönigin von Riobamba in Ecuador, was mich an folgende Erzählung aus Humboldts Tagebuch erinnert:
Der junge Astorpilco, ein junger Mann von 17 Jahren und von gewinnenden Gesichtszügen, erzählte mir die Geschichte eines seiner Vorfahren, der eines nachts seiner Frau die Augen verbunden hatte und sie in jene unterirdischen Gänge herabsteigen ließ, wo sie, als er ihr die Binde abnahm, Bäume aus Golddraht mit Vögeln aus massivem Gold, die Tragsessel des Inca gesehen hatte. Der Ehemann sagte ihr, dass sie nichts berühren solle, weil es dafür noch nicht Zeit sei, und daß sie sterben würden, wenn sie den Schatz preisgeben. Das ähnelt reichlich den Ammenmärchen, aber die Sicherheit, mit der mir der junge Mann diese Zauberwelt beschrieb, die Einzelheiten, die er von einem wenige Schritte zu meiner Rechten aus massiven Gold nachgebildeten Guanto zu nennen wußte, von einem Incathron unter seinen Füßen, ließen mich für einen Augenblick vergessen, dass das alles wohl nichts als ein Traumbild ist. Ich sagte nach einer Pause zu ihm: “Mein Kind, sie sind arm, kommen sie nicht in Versuchung, unter diesen Fundamenten zu graben, um jene Schätze zu entdecken?“ Er antwortete mit einer Gelassenheit, die die menschliche Natur ehrt: „ Gott ist gerecht und gut. Mein Vater hat ein kleines Pachtgut, wo wir die Felder bebauen. Diese Ebene ist fruchtbar. Wir leben im Elend aber in Ruhe. Wenn wir Bäume und Früchte aus massiven Gold hätten, würden wir gehasst und verfolgt.“
Reise von Micuipampa über Cajamarca nachTrujillo an der Küste des Stillen Ozeans, 13. – 24. September 1802
Jaen, Peru, 2010
SONNENSTRASSE - LA RUTA DEL SOL
Während seiner amerikanischen Reise trifft Alexander von Humboldt um die Weihnachtszeit des Jahres 1801, 65 km nördlich von Pasto in Kolumbien, auf die Sonnenstrasse der Inka. Am Schnittpunkt der heutigen Panamericana mit dem Rio Mayo führt er barometrische Messungen durch, etwa in dem Gebiet, wo der Sage nach, der Inkafürst Huayna Capac 1527 goldene Stäbe ins Flussufer getrieben hatte, um die Nordgrenze seines Reiches zu markieren. Zunächst ohne es zu wissen, reiste Humboldt von da an entlang dieser alten Höhenstrasse der Inka, die auch La ruta del sol - Der Weg der Sonne genannt wird. Ein Jahr später, im Dezember 1802 trifft er in Lima ein.
Es sind um die 2500 Kilometer, die Alexander von Humboldt innerhalb dieses Jahres zurücklegt. Es ist eine langsame Art zu reisen, immer aufmerksam, immer beobachtend. Humboldt und seine Begleiter sind noch Teil des Landes, das sie aufnimmt. Auch ist die Reise verbunden mit dem gezielten Sammeln von Informationen über die lokalen gesellschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Verhältnisse, mit Gesprächen über historische, ethnologische und soziale Fragen, weit über seine eigentlichen Untersuchungsgegenstände hinaus.
Auf die Gesamtschau kommt es ihm an, auf die großen Zusammenhänge der Erscheinungen der Natur aber auch der menschlichen Existenz. Er verfolgt eine holistische Sicht. Gegenüber der schon beginnenden Aufsplitterung des Wissens in unendlich viele Einzeldisziplinen, ist Alexander von Humboldt vielleicht der letzte Forscher, der einen universellen Anspruch hat.
Inspiriert von der Persönlichkeit Alexander von Humboldts bin ich auf der Grundlage seiner Reisetagebücher im Jahr 2010 in sieben Monaten diesen 2500 Kilometern, in denen sich historische Wege und Kulturen überlagern, gefolgt. Meine Reise führte durch unterschiedliche Landschaften, vorbei an den Vulkanen Chimborazo und Cotopaxi, in abgelegene Gebirgsdörfer und koloniale Städte. Vor allem war es eine Reise durch die Zeiten. Oftmals glaubte ich, das zu sehen, was schon Alexander von Humboldt oder Huayna Capac sahen … Frank Gaudlitz
Cintia Pamela Rodriguez Camisan, 16 Jahre, Cristian Raul Rodriguez Camisan, 5 Jahre
San Felipe, Peru, 2010
San Felipe ist eine kleiner Ort in der Provinz Jaen in Peru. Ich wurde vom Bürgermeister empfangen, dem ich einige Tage zuvor telefonisch mein Projekt erläuterte. Er hatte mit einigen der Dorfbewohner gesprochen und beim Rundgang durch den Ort sah ich durch ein offenes Fenster ein Mädchen mit einem Jungen auf ihrem Schoß unter einem Bild der heiligen Familie. Sofort wurde mir die fast religiöse Wirkung dieser Situation bewusst. Das verblichene Madonnenblau der Wand, die Dunkelheit eines Kirchenraumes, die Überstrahlung des Lichts und die Haltung des Mädchens mit ihrem Bruder, die einer Pieta glich.
Das alles war ein prächtiges Geschenk an den Fotografen, der nur noch darum bitten konnte, die Haltung nicht zu verändern während er sein Stativ aufbaut, den richtigen Standpunkt sucht und diese wunderbare Situation in eine Fotografie rettet.
> Развернуть все фотографии
> Свернуть фотографии до одной
Geboren 1958 in Vetschau, hat 1987 bis 1991 Fotografie bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert. Seitdem hat er zahlreiche Fotografische Projekte realisiert Frank Gaudlitz gehört heute zu den wohl bekanntesten deutschen Fotografen der Gegenwart. Er arbeitet analog an selbstkonzipierten Langzeitprojekten insbesondere in Russland, Osteuropa und Südamerika. Seine großen fotografischen Folgen „Die Russen gehen“ (1991–94), „Warten auf Europa“ (2003–05), „Casa Mare“ (2005–08), „Sonnenstraße“ (2010) und „A Mazo“ (2013–15) spannen den Bogen zwischen epochalen Ereignissen und Einzelschicksalen. Sie wurden in Bildbänden und internationalen Einzelausstellungen veröffentlicht und vielfach ausgezeichnet. Sein neuestes Buchprojekt „Russian Times 1988–2018“ erschien 2019, und umfasst als Trilogie eine Zeitspanne von 30 Jahren und drei gesellschaftlichen Perioden in Russland. Für dieses Projekt erhielt Frank Gaudlitz den Brandenburgischen Kunstpreis für Fotografie.
Zuletzt aktualisiert 15.04.2020
Your name:
Your Email:
By clicking "Submit" I agree to the collection and usage of my personal information in the form above This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.
Поделиться ссылкой на выделенное
Прямая ссылка: